Die Schere im Bastelkorb
Im Bastelkorb herrscht eine fröhliche Unordnung. Zwischen bunten Papieren, glänzenden Bändern und glitzernden Aufklebern liege ich, die Schere und träume von all den wunderbaren Dingen, die ich erschaffen kann.
Ich erinnere mich an das letzte Projekt, als ich aus einem einfachen Stück Papier einen tanzenden Schmetterling geschnitten habe. Die Freude des Kindes, das mich benutzte, war ansteckend.
Plötzlich höre ich Schritte. Das Kind kommt! Mein Herz, wenn ich denn eines hätte, hüpft vor Aufregung. Ich spüre, wie ich aus dem Korb gehoben werde. Die kleinen Hände des Kindes umfassen mich sicher. "Was werden wir heute erschaffen?", frage ich mich voller Vorfreude.
Vor uns liegt ein Stapel bunter Blätter und das Kind hat eine Idee. Mit einem sanften "Schnipp, schnapp" beginne ich, die Ränder eines roten Blattes zu formen. Ich gleite durch das Papier, als wäre es Butter. Das Kind bewegt mich geschickt und bald nimmt ein Herz Gestalt an. "Oh, das wird schön", denke ich und freue mich über meine Arbeit.
Neben dem Papier liegt ein glänzendes Band. Ich erinnere mich an die vielen Male, die ich Bänder in kunstvolle Schleifen verwandelt habe. Das Kind wickelt das Band um das Herz und bindet es mit einem kleinen Knoten zusammen. Ich helfe, die Enden des Bandes auf gleiche Länge zu bringen. "Perfekt", flüstere ich in Gedanken.
Doch das ist nicht alles. Das Kind hat noch mehr Pläne. Es holt ein großes Blatt in leuchtendem Blau hervor. Ich schneide Wellen und Zacken in das Papier, während das Kind lacht und mit mir plaudert. "Du bist die beste Schere", sagt es und ich fühle mich stolz und geehrt.
Mit jedem Schnitt entsteht etwas Neues und Aufregendes. Das Kind fügt die Teile zusammen - das rote Herz, das blaue Blatt, die glänzenden Bänder - und plötzlich sehe ich, was wir geschaffen haben: eine wunderschöne Karte voller Farben und Formen, die von Liebe und Kreativität erzählt.
Das Kind legt die Karte vorsichtig zur Seite und betrachtet sie mit leuchtenden Augen. "Das ist für Oma", sagt es. Ich bin glücklich, Teil von etwas so Besonderem zu sein, etwas, das Freude bringt und Herzen berührt.
Während das Kind aufräumt, werde ich behutsam zurück in den Bastelkorb gelegt. Ich liege nun wieder zwischen all den anderen Bastelutensilien, aber ich bin nicht allein. Die Erinnerungen an das heutige Abenteuer begleiten mich. Ich weiß, dass bald ein neues Projekt auf mich wartet und ich kann es kaum erwarten, wieder gebraucht zu werden.
Bis dahin liege ich hier, träume von neuen Formen und Farben und freue mich auf das nächste Mal, wenn das Kind mich aus dem Korb holt. Denn jedes Mal, wenn ich schneide, entstehen nicht nur neue Formen, sondern auch neue Geschichten, die erzählt werden wollen. Und das ist das Schönste an meiner Arbeit: Ich bin nicht nur eine Schere, ich bin ein Werkzeug der Fantasie.