Mein Freund Luftikus
Paul ist ein eher stiller Junge, der in einem kleinen Dorf aufwächst. Während andere Kinder nach der Schule miteinander spielen, verbringt er seine Nachmittage meist allein im Garten. Doch eines Abends macht er eine Entdeckung, die sein Leben verändern wird.
An diesem Abend sitzt Paul auf der alten Schaukel, während die Sonne langsam hinter den Bäumen verschwindet. Die Umgebung ist still, fast friedlich. Paul schaukelt leicht vor und zurück und lauscht dem Rascheln der Blätter. Da überkommt ihn plötzlich das Gefühl, nicht ganz allein zu sein.
Zögerlich flüstert er: "Hallo? Ist da wer?" - und wartet. Nichts. Nur das Zwitschern eines Vogels in der Ferne. Paul seufzt und will schon aufstehen, da hört er eine leise, freundliche Stimme: "Ich bin's."
Er schaut sich um, doch er sieht nur die vertrauten Bäume. "Wer... spricht da?", fragt er. "Na, dein Freund", antwortet die Stimme sanft. "Aber... ich sehe dich nicht", sagt Paul. Ein leises Kichern hallt durch die Stille. "Das liegt daran, dass ich unsichtbar bin." Paul ist sprachlos. Unsichtbar? Er weiß nicht, ob er das glauben kann. "Und... wie heißt du?", fragt Paul. "Das darfst du dir aussuchen", antwortet die Stimme verspielt.
Paul denkt kurz nach und flüstert dann: "Dann nenne ich dich Luftikus." "Luftikus gefällt mir", sagt die Stimme zufrieden.
Von diesem Abend an ist Luftikus immer da, wenn Paul ihn braucht. Mal erzählt er Witze, mal hört er einfach nur zu. Vor allem aber gibt er Paul Mut. Als Paul in der Schule ein Referat halten muss, flüstert Luftikus ihm zu: "Du schaffst das, Paul. Stell dir einfach vor, du erzählst mir eine Geschichte." Mit dieser Unterstützung gelingt Paul das Referat besser als erwartet.
Manchmal zweifelt Paul, ob Luftikus wirklich existiert oder nur seiner Fantasie entspringt. Doch die Erlebnisse fühlen sich so echt an, dass es keine Rolle spielt. Luftikus hilft ihm, seine Ängste zu überwinden. Sei es beim Klettern auf den höchsten Baum oder beim Sprechen vor der Klasse.
In den folgenden Wochen bemerkt Paul, dass er selbstbewusster wird. Er spricht mehr mit seinen Mitschülern und schließt neue Freundschaften. Auf dem Heimweg läuft er mit den anderen Kindern. Manchmal erzählt er sogar Witze, die er eigentlich von Luftikus gelernt hat und die anderen lachen. Mit jedem Tag spürt Paul, wie er an täglichen Aufgaben wächst.
Eines Abends, als er im Bett liegt, hört er Luftikus sagen: "Du brauchst mich bald nicht mehr. Du bist stärker, als du denkst." Paul wird traurig. "Aber ich will, dass du bleibst." "Ich werde immer in deinem Herzen sein. Wenn du mich brauchst, denk einfach an mich." Paul flüstert: "Danke für alles, Luftikus."
Je älter er wird, desto seltener hört er die Stimme seines unsichtbaren Freundes. Anfangs macht ihn das traurig, doch dann erkennt er: Alles, was Luftikus ihm beigebracht hat, lebt längst in ihm weiter.
Eines Tages entdeckt Paul die alte Schaukel wieder. Er setzt sich darauf, schließt die Augen und hört das Rascheln der Blätter. Für einen Moment meint er ein Kichern zu hören – wie damals, als alles begann. Paul lächelt und flüstert: "Ich weiß, dass du noch da bist."
Dann springt er von der Schaukel, läuft ins Haus und ruft seiner Mutter zu, dass er mit seinen Freunden verabredet ist. Während er davonrennt, spürt er tief in sich eine Gewissheit: Luftikus begleitet ihn immer noch - unsichtbar, aber nie verloren.
Und so beginnt für Paul nicht nur ein neues Abenteuer mit seinen Freunden, sondern auch ein neues Kapitel in seinem Leben - jetzt, da er gelernt hat, an sich selbst zu glauben.