Die Reise einer Postkarte
In einem bunten Briefkasten an einem Marktplatz beginnt die Reise einer Postkarte. Sie ist bedruckt mit dem farbenfrohen Bild eines schönen Sandstrandes und trägt die Worte: "Grüße aus der Ferne!" Auf der Rückseite steht in krakeliger Kinderschrift:
Es ist schön hier.
Ich vermisse dich, Oma!
Liebe Grüße
Diese Postkarte, ihr Name lautet "Nordsee", denn das steht auf ihrer Vorderseite, liegt zwischen anderen Briefen. Sie wartet gespannt auf das Abenteuer, das vor ihr liegt. Als der Postbote sie aus dem Briefkasten holt, fühlt sie einen kleinen Ruck, als ob sie aus einem tiefen Schlaf erwacht. "Jetzt geht’s los", murmelt Nordsee aufgeregt, während sie in den großen Postsack gesteckt wird.
Im Sack hört sie die aufgeregten Stimmen der anderen Briefe. Sie erzählen von ihren Wünschen und Hoffnungen. Eine Rechnung seufzt: "Ich hoffe, ich lande nicht irgendwo hinter den Sofakissen." Ein Liebesbrief kichert: "Ich kann es kaum erwarten, gelesen zu werden!"
Die Reise beginnt holprig, als der Postsack in das Postauto geworfen wird. Nordsee fühlt sich wie auf einer Achterbahn, während der Wagen durch die Straßen rattert. Doch dann passiert ein Missgeschick: Das Postauto hält abrupt an und öffnet die Türen, um einen weiteren Briefkasten zu leeren. Der ganze Sack mit Briefen fällt dabei heraus. Nordsee rutscht aus dem Sack und fliegt unter das Auto auf die Straße. Der Postbote wirft den Sack zurück in das Auto, aber Nordsee bleibt liegen. Das Auto fährt ohne sie weiter.
Ein neugieriger Hund, der am Straßenrand schnüffelt, sieht das. Er rennt zu Nordsee und schnappt sie. Aber statt sie zu zerreißen, springt er flink hinter dem Postauto her und bringt dem überraschten Postboten die Karte zurück. "Na, was bist du denn für ein schneller Kurier?", ruft dieser lachend, während er Nordsee wieder vorsichtig zurück in den Sack legt.
Die Reise geht weiter und bald findet sich Nordsee in einem Flugzeug wieder, hoch über den Wolken. Sie fühlt sich leicht wie ein Vogel, der über die Welt schwebt. Nach der Landung bekommt sie einen Stempel, direkt auf den Kopf. Aber davon erholt sie sich schnell. Das gehört zur Reise einer Karte dazu, das weiß sie.
Es folgt eine weitere lange Fahrt in einem großen gelben Lastwagen, vorbei an vielen Städten und ein paar Flüssen. Nach der langen Reise ist sie nun fast am Ziel angekommen. Doch dann wird Nordsee versehentlich an die falsche Adresse zugestellt. Sie landet in einem kleinen Café, wo ein verwirrter Kellner sie entdeckt. "Was machst du denn hier?", fragt der Kellner, während er die abgebildete Nordsee auf der Vorderseite der Karte betrachtet. "Du gehörst doch nicht hierher. Die Oma, zu der du geschickt wurdest, wird dich vermissen."
Nordsee fühlt sich verloren, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Doch dann ergibt sich eine glückliche Fügung: Eine freundliche Dame, die gerade im Café sitzt, hört dem Kellner zu. Sie erkennt die Adresse und bietet an, Nordsee in den richtigen Briefkasten zu werfen. "Keine Sorge, ich bringe dich an dein Ziel", sagt die Frau lächelnd. Nordsee fühlt eine Welle der Erleichterung, als sie wieder auf den richtigen Weg gebracht wird.
Kurz darauf und nach vielen Tagen der aufregenden Reise kommt Nordsee endlich im Briefkasten der Oma an. Sie wird schon kurz darauf herausgezogen und spürt die warmen Hände der alten Dame. Oma betrachtet Nordsee und ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. "Ach, mein Schatz", flüstert sie und streicht liebevoll über die Oberfläche. Die Postkarte fühlt sich glücklich und erfüllt, als käme sie nach einer langen Reise endlich zu Hause an.
Nordsee wird in ein Album zwischen viele neue Freunde gesteckt: Karten aus Paris, Spanien und Tokio erzählen von Abenteuern und fernen Orten. Gemeinsam lachen sie über die kleinen Missgeschicke auf ihrer Reise, tauschen Geschichten aus und fühlen sich nie allein. So findet Nordsee nicht nur ihr Ziel, sondern auch Freundschaft und ein Zuhause voller Erinnerungen.
Und das Beste ist, dass Oma allen Karten jedes Mal ein Lächeln schenkt, wenn sie sie wieder hervorholt und betrachtet.